Mittwoch, 26. Juli 2017

Nach dem Sturm ist vor dem Sturm...

Um der Hitze zu entkommen hatten wir in der Po-Ebene Gas gegeben und sind gut vorwärts gekommen, immer wieder vom Wasser „begleitet“. Vom Po sind wir dem kleineren Nebenfluss Oglio mehr im Norden einige Kilometer gefolgt und von diesem weiter zur Adda. Jedem dieser Flüsse entlang folgt ein mehr oder weniger gut ausgeschilderter Radweg, die Strecken dazwischen hatten wir mit der Karte und einer Karten-App mittels kleineren Strassen überbrückt was soweit gut geklappt hatte. 
Die letzten Tage waren gefühlsmässig immer heisser und drückender geworden, der Horizont dunstiger. Die Alpen hatten wir letztmals vor Venedig mal noch kurz durch den Dunst erahnen können. Seither war es am Horizont zu dunstig oder wir zu weit weg und die Landschaft meist einfach flach. Bei unserer Abfahrt von Crema, einer hübschen Stadt ca. 40 Km neben Milano hatte das Wetter umgeschlagen. Wir fuhren in eine „schwarze Wand“ hinein dem Unwetter entgegen. Es wurde immer windiger, man spürte dass es langsam abkühlte. Tadeo wurde es unwohl, er wollte in den Anhänger… eine kluge Entscheidung. Keine fünf Minuten später schüttete es wie aus Kübeln durchmischt mit Hagel, wir waren innert kürzester Zeit pflotschnass. Dummerweise befanden wir uns gerade auf einer engen, geraden Überlandstrasse. Da wir wegen den Strassengraben zu beiden Seiten nicht weg konnten haben wir uns so gut es ging ins Gebüsch neben der Strasse gedrückt und abgewartet. Trotz der üblen Sicht, dem vielen Wasser auf der Strasse und dem Blinklichtfeuerwerk am Anhänger sind viele der lieben motorisierten Verkehrsteilnehmer gerast als gäbe es kein Morgen mehr und fanden es auch nicht nötig etwas auszuweichen. Sobald die Verhältnisse besser wurden machten wir uns schnell auf und suchten eine weniger befahrene Strasse - neu ausgerüstet mit einem „Distanzhalter“ mit Blinklicht und Sollbruchstelle…
Kaum war das Gewitter vorbeigezogen und die ersten blauen Stellen am Himmel sichtbar waren sie dann plötzlich da, direkt vor uns, klar und hoch… Berge!!! Ein kleiner magischer Moment nach diesen für uns stressigen Kilometer vorher und ein Gefühl von „nach Hause kommen“, obwohl es bis zur Schweiz / Alpennordseite ja noch einige Kilometer sind.
Die ca. 15 km der Adda entlang am Nachmittag waren dann ein unerwartetes Zückerchen. Ganz Abseits jeglichen Verkehrs oder Motorenlärms ging es bei bestem Wetter dem Fluss mit seinen Begleitkanälen mit kleinen Schleusen, alten Wasserbauten, Burgen, Schluchten, etc. auf einem schönen Veloweg durch Wald und Schatten - welche Wohltat! Alle paar Meter konnte man innehalten und Staunen - gut zum Energie tanken für den nächsten Tag.
Unser Ziel war Milano grossräumig zu umfahren, wir hatten schon gedacht dass wir das clever hingekriegt hätten. Falsch gedacht! Da Milano doch nahe an der Schweizer Grenze ist und das Gebiet nördlich davon bis zur Grenze dicht besiedelt ist, ist das Verkehrsaufkommen dementsprechend hoch. Wir fanden fast keine schlauen Velowege oder wenig befahrene Nebenstrassen. Mittels Verkehrsnavigation versuchten wir im Zickzack die 30 Km bis nach Como schnell hinter uns zu bringen. Echt übel… keine Gegend für Radler (ich lasse mich gerne eines Besseren belehren… nur zu)! Den ganzen Tag Motorenlärm in den Ohren, immer hochkonzentriert auf Strasse, Rückspiegel (ein Muss!) und Navi… Viel Zeit ging so verloren für die Wegsuche. Ich z. T. fluchend und Faust hinter den Lastwagen herzeigend im dichten Verkehr während die Burschen im Anhänger singen… Bis dahin waren wir von den Strassenverhältnissen in Italien eigentlich sehr positiv überrascht gewesen: es wurde überall Rücksicht genommen, wenig gehupt, anständig überholt. Naja… hier ticken sie evtl. anders… K.o. von diesem einem Tag haben wir uns in der Jugendherberge in Como verkrochen, rüsten uns für die letzte Strecke in Italien bis in der Schweiz und hoffen dann auf einen Veloweg…

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